Das Herodot-Projekt
Das Projekt "Herodot und die Altertumswissenschaften – Eine fächerübergreifende Lehr- und Lernplattform" wird durch die Programmlinie "Zukunftsorientierte Lehre" und die Projektlinie "vielfältig. nachhaltig. digital – 2021" des Strategiefonds Studium und Lehre der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn seit September 2021 bis August 2024 gefördert.
Im Folgenden können Sie sich einen Überblick über das Projekt und dessen Ziele verschaffen.
Der antike Schriftsteller Herodot (5. Jh. v. Chr.), von Cicero als „Vater der Geschichtsschreibung“ bezeichnet, ist von herausragender Relevanz für gleich mehrere altertumswissenschaftliche Fächer und steht somit im Mittelpunkt unseres interdisziplinären Projektes. Der Fokus liegt dabei auf dem zweiten, Ägypten gewidmeten Buch, das wir fächerübergreifend in einem für unsere Philosophische und Theologische Fakultäten Bonn neuartigen altertumswissenschaftlichen Lehrverbund aus Ägyptologie, Altphilologie, Alter Geschichte, Klassischer Archäologie und alttestamentlicher Wissenschaft mit Studierenden zusammen erschließen.
In Zusammenarbeit mit dem Bonn Center for Digital Humanities (BCDH) wird zudem eine fächerübergreifende und nachhaltige digitale Lehr- und Lernplattform entwickelt. Diese soll zukünftig als ein neues Werkzeug in der Lehre dienen und den Studierenden der verschiedenen Fächer Herodot, die kulturhistorisch relevanten Dinge und Personen, Ereignisse und Kulturphänomene, Räume und Zeiten interaktiv und auf Basis einer digitalen Karte vermitteln. Dabei werden auch zwei der Universitätsmuseen mit einbezogen: das Akademische Kunstmuseum und das Ägyptische Museum. Mit Objekten aus beiden Museen wollen wir den Studierenden praxisnah die materielle Kultur, die für den Herodot-Text von Relevanz ist, erforschen und vice versa. Diese innovative instituts- und fächerübergreifende Zusammenarbeit in der Lehre schlägt neue Brücken zwischen den verschiedenen Fächern und bringt deren spezifischen Theorien und Methoden in der konkreten Anwendung zusammen. Parallel zu der Lehr- und Lernplattform wird gemeinsam mit Studierenden eine analog-digitale Ausstellung erarbeitet, die im Laufe des Jahres 2024 eröffnet werden soll.
Die Lehr- und Lernplattform zu Herodots zweitem Buch seiner Historien, welches sich mit Ägypten beschäftigt, soll verschiedene disziplinäre Zugänge zu der Thematik schaffen, darunter philologische, historische, archäologische und ethnographische. Dabei richtet sich die Plattform primär an Studierende der diversen Altertumswissenschaften, darüber hinaus aber auch an Schüler*innen, Lehramtsstudierende und allgemein an die interessierte Öffentlichkeit.
Mit der Einrichtung der Lehr- und Lernplattform verfolgen und vereinen wir vielfältige Ziele:
- Die Unterstützung von Lehre und Lernen außerhalb des Hörsaals
- Das Aneignen von Faktenwissen über die vielfältigen politischen, ökonomischen und kulturellen Wechselbeziehungen der (Mittelmeerraum-)Kulturen
- Die Entwicklung eines Bewusstseins für materielle Kultur als Grundlage für unser Bild der Geschichte des Altertums
- Das Kennenlernen relevanter Gattungen materieller Kultur
- Die Wissensvermittlung von Herstellungsprozessen, Funktionen und Bedeutung diverser Objekte
- Die Interpretation von materiellen Quellen im Zusammenspiel mit schriftlichen Quellen im Hinblick auf Kulturkontakte
- Das Erforschen des Bildes der Ägypter und Fremder allgemein in der griechischen und ägyptischen Bildkunst sowie ägyptische Einflüsse auf Griechenland
- Die Analyse der Entwicklung eines Geschichtsverständnisses in der Begegnung mit einer Kultur
- Das Verstehen von Prozessen der Identitätsbildung durch Kontrast "fremder" Kulturen
- Der Vergleich des kritischen Umgangs Herodots mit seinen Quellen mit demjenigen in den biblischen Geschichtsbüchern
- Die Untersuchung des Verhältnisses zwischen den "Realien" und ihren Gattungen sowie der Geschichtsschreibung
- Ein Verständnis für die Übersetzbarkeit polytheistischer Systeme
Anhand der digitalen Plattform sollen Nutzer*innen Herodots Text auf vier Ebenen erschließen können. Diese vier Ebenen bestehen aus dem eigentlichen Text Herodots, dem sog. Ägypten-Logos, einer räumlichen Ebene in Form einer digitalen Karte, einer zeitlichen Ebene, in der die Chronologie aufgeschlüsselt wird und einer Objektebene, welche unter anderem ausgewählte, zu dem Text passende Objekte aus dem Akademischen Kunstmuseum und dem Ägyptischen Museum präsentiert.
Die Nutzungsoberfläche der Plattform wird so gestaltet sein, dass die Startseite eine Einführung zu Projekt und Plattform sowie eine Suchfunktion bietet. Außerdem sollen Objekte und Karte schon in die Thematik einführen. Die Textebene wird nebeneinander den griechischen Originaltext und die dazugehörige deutsche Übersetzung anzeigen. Von Herodot im Text genannte Orte werden auf der Karte angezeigt und können in dieser auch noch genauer unter die Lupe genommen werden. Zudem werden ausgewählte Begriffe mittels eines Kommentars genauer erläutert und mit dazugehörigen Objekten und Quellen verknüpft. Ein weiterer Bestandteil der Plattform, der die Kommentarebene noch vertieft, werden sog. Storylines sein, die spezifische Themenfelder intensiver betrachten und den Nutzer*innen näherbringen sollen.
Bislang wurde für die Entwicklung der Plattform Herodots zweites Historienbuch von Projektmitarbeiter*innen sowohl im griechischen Original als auch in der deutschen Übersetzung gründlich durchgearbeitet. Dafür wurde das Tool Recogito verwendet. Mit dessen Hilfe wurden prägnante Begriffe markiert und mit passenden Schlagworten verknüpft, um nachher die Suchfunktion innerhalb der Plattform einfach und präzise gestalten zu können. Außerdem konnten somit auch Orte markiert und direkt mit einer Karte verknüpft werden. Die markierten Begriffe dienen zudem als Basis für die Kommentarebene der Plattform und als Anknüpfungspunkte für die geplanten Storylines.
Auf philologischer Seite wurden Herodots Sprachelemente entschlüsselt und Texteben und -bausteine markiert. Darüber hinaus wurden und werden noch 3D-Modelle von Objekten aus dem Ägyptischen und dem Akademischen Kunstmuseum angefertigt. Diese 3D-Modelle sollen die antiken Gegenstände den Nutzer*innen der Plattform auch digital zugänglich machen und die Kommentare und Objekttexte visuell unterstützen. Einige dieser 3D-Aufnahmen sind bei Sketchfab über den Account des Bonn Center for Digital Humanities bereits öffentlich zugänglich.
Kontakt
Annika Neißen
M.A.
Brühler Str. 7
53119 Bonn